20 Unterschiede im Winter zwischen Deutschland und USA

DC by snow
Washington D.C. by snowfall. View of Lincoln Memorial and Reflecting Pool.

Wenn es in der amerikanischen Hauptstadt schneit, hört das Leben quasi auf. Deutschen, aber nicht nur, können dann nur noch mit großen Augen schauen, wie alles anders als in Deutschland abläuft.  Hier geht es um 20 Unterschiede zwischen Wintereinbruch in Washington, D.C. und Frankfurt am Main. Fällt Ihnen noch etwas ein? Ergänzen Sie diese Liste  um Ihre Kommentare!

Manno, schon wieder Schneefall in der amerikanischen Hauptstadt. Lokalen sagen Dissi, geschrieben D.C., das steht für District of Columbia. Es wird nach Washington in einem Atemzug ausgesprochen. Ein wenig wie Bond, James Bond. Das ergibt so etwas wie “ich bin aus Dissi, Washington Dissi“. Sieht nur in Englisch besser aus, weil man D.C. schreibt und nicht Dissi, das sich eher wie Pipi anhört.

Und wie ist es, wenn es in D.C. schneit? Meine Älteste hat es auf dem Punkt gebracht: Schnee-Apokalypse! Nach zwei Jahren in der Gegend kann ich mich immer noch nicht dran gewöhnen. Wobei der vorletzte Schneesturm respektabel war: es schneite ununterbrochen dichter Schnee 10 Stunden lang. Der Schnee blieb sofort liegen und als es aufhörte, wurde er zum Glatteis. Aber heute Nacht? 2-3 cm Pulverschnee auf Wiese und Straße sind wirklich kein Grund panisch zu werden und die Schulen zu schließen!

20 Unterschiede im Winter zwischen Deutschland und USA

Meine Wintererfahrung ist auf D.C. begrenzt. Amerikaner haben erzählt, dass irgendwo zwischen der Hauptstadt und New York eine unsichtbare Linie verläuft, die Nord vom Süd  trennen soll. Als Obama seinen ersten Winter in der Hauptstadt verbrachte, wurden gleich beim Wintereinbruch 417 Schulen geschlossen. Hier können Sie nachlesen, wie er sich bei einer Pressekonferenz darüber amüsierte.

Warum hört das Leben hier auf? Und was machen Washingtonians anders und besser als Frankfurter? Ich habe 20 Unterschiede im Winter zwischen Frankfurt und Washington D.C. ausgemacht. Hier sind sie:

Unterschied # 1: Kein öffentliches Leben mehr
Das öffentliche Leben stoppt sofort bei nicht mal 5 cm Schnee. Straßen werden spät gestreut, Schulen machen zu oder erst einmal gar nicht auf, während Einwohner vor einem Wintersturm (so wird es hier genannt) Hamsterkäufe machen.

Unterschied # 2: Immer überfordert
Washingtonians lernen nicht aus der Vergangenheit. Im Winter 2013/2014 hat der Schulleiter der German School Washington gemessen: kumuliert hatten wir 1,80 m Schnee zwischen November und März. Man könnte meinen, irgendwann haben sie es drauf? Aber nein, beim nächsten Schneesturm sind sie wieder komplett überfordert und laufen Amok. Siehe auch dazu Unterschied # 1.

Unterschied # 3: Schulen machen zu
Die Schulen und die Regierung machen zu, sobald es schneit. Schon mal in Frankfurt erlebt, dass ihre Kinder zu Hause blieben, weil es geschneit hat? Oder schneien sollte? Oder schneite? Der Paradox bleibt jedoch, dass Managers in der Industrie erwarten, dass Angestellten trotz schlechtem Wetter ins Büro kommen. Nicht gerade kompatibel, wenn Ihr Kind zu Hause bleiben muss.

snow by night
Schneesturm Pax, Winter 2013/2014

Unterschied # 4: Wenig Kommunikation

Washington liegt nicht im hohen Norden der USA. Bis Boston sind es 700 km, bis Chicago sind es über 1.000 km. Dort sind die Wetterverhältnisse im Winter um einiges härter als hier. Ich verstehe einfach nicht, warum Washington nicht aus deren langjährigen Erfahrung Nutzen schlägt. Manche sagen, die harten Winter in D.C. sind zu ungewöhnlich, dass es sich lohnt mehr zu investieren… Mal nachdenken. Der Winter 2013/2014 war hart. Meine ältere Tochter hatte 9 Tage Schulfrei wegen “Snowdays”. Bis heute waren es schon 2 Tage plus 4 Tage, wo die Schule zwei Stunden später anfing.

Unterschied # 5: Kein Sand oder Splitt
Ausstattung hin oder her, Streusalz haben sie genug und streuen sie so großzügig, dass die Straßen nach dem Sturm schneeweiß sind… nur nicht vom Schnee sondern vom getrockneten Salz. Kein Gedanke wird an das Grundwasser oder an die Wiesen, die Gräser verschwendet. Ich habe in D.C. nur reines Tausalz gesehen und kein einziges Mal erlebt, dass sie mit einer Mischung aus Sand oder Splitt streuten.

Hund im Schnee
Jack im Schnee

 

Unterschied # 6: Keine Rücksicht auf die Umwelt
Arme Hunde. Sogar auf Gehwege wird mit Tausalz gestreut. Keine Chance dies zu entgehen. Manche Städte verbieten in Deutschland den Einsatz von Streusalz auf Gehwege oder erlauben es nur bei Extremwetter. Da hier keine Rücksicht auf Natur, Umwelt und Tiere genommen wird, müssen die Hunde entweder zu Hause bleiben oder mit einer dicken Schicht Vaseline auf die Pfoten spazieren gehen.

Unterschied # 7: Gestreut wird nach dem Sturm
Gestreut wird nach dem Schneesturm. Nicht davor. Auch nicht, wenn es angekündigt ist. Wie gesagt, der vorletzte Schneesturm war Tagen im Voraus geplant. Samstag, um 10:30 fing es an heftig zu schneien. Es hörte erst Abend gegen 20:00 auf. Da die Temperatur seit Tagen bei -15 °C lag, blieb der Schnee sofort liegen. Nicht mal auf die Autobahnen rund um D.C. wurde es vorher gestreut. Ergebnis? Viele Unfälle und unzählige Staus.

Unterschied # 8: reine Panikmache
Die Vorhersagen liegen oft daneben. Es wird Schnee-Apokalypse vorhergesagt, wenn nicht mal die Bürgersteige weiß werden! Das Thema ist ausreichend dokumentiert. In diesem Artikel vom National Geographic können Sie nachlesen, warum die europäischen Wetterberichte immer wieder besser als die amerikanischen sind.

Unterschied # 9: Wind-Chill Advisory
Sehr gewöhnlich sind hier die Wind-Chill-Advisory oder gefühlte Kälte Indikatoren in Folge von starkem Wind. Entweder kommt es hier öfter vor als in Frankfurt oder das Thema ist noch nicht richtig in Deutschland angekommen. Jedenfalls habe ich nur gelegentlich darüber im deutschen Wetterbericht gehört.

Unterschied # 10: Schadenfroh
Bostonians mokieren sich gern über die Katastrophen-Stimmung bei einem Schneesturm in D.C. Dass München sich über Schneefall in Hamburg amüsiert, habe ich nie erlebt. Dass aber Washington im Vergleich zu Boston dieses Jahr wenig betroffen ist, stimmt einfach. Boston wurde von mehreren Snowstorms erwischt. Es liegen über 2 m hohe Schneewände am Straßenrand, jedoch geht das Leben dort weiter.

Unterschied # 11: Autos sind nicht für das schlechte Wetter ausgestattet.
Ich spreche von D.C., nicht von Boston. Keine Winterreifen und mindestens genau so schlimm, ist die Automatik-Schaltung. Keine Chance, einen Gang höher zu schalten, um einen besseren Griff auf den Schnee zu kriegen. Wobei, ganz ehrlich, so wie die Amis Autofahren, würde das wahrscheinlich auch nicht helfen.

stalactite
Fast genau so kalt innen wie draußen.

Unterschied # 12: Häuser sind sehr schlecht isoliert.
Kaltes Wetter in D.C. ist nicht nur draußen anstrengend. Als wir im Winter nach Hause in Deutschland kamen, fühlten wir uns sofort wohl. Es war warm und gemütlich. Wenn ich hier nach Hause komme, frage ich mich immer wieder, ob die Heizung kaputt ist. Ist sie nicht. Nur zieht es unter den Türen, an den Fenstern und die Wände sind eiskalt. Ergebnis: die Amerikaner überheizen ihre Häuser, um es warm zu halten.

Unterschied # 13: schlechtes Schuhwerk
Schuhwerk bei schlechtem Wetter in D.C.? Entweder normale Schuhe oder… Gummistiefel! Ich habe in meinem ersten Winter in den USA versucht für meine Kleinen, damals 2 und 4, feste, warme Schuhe zu kaufen. Fehlanzeige! Es gibt Turnschuhe und Turnschuhe, oder Turnschuhe. Ich habe bisher noch nie feste Laufschuhe in irgend einem Schuhladen gesehen. Es muss aber doch im Norden andere Schuhen geben, oder?

Unterschied # 14: falsche Klamotten
Kinder laufen wenig bis gar nicht hier. Schulbussen fahren bis fast vor die Haustür oder Kinder werden zur Schule gefahren. Sie werden daher weniger warm angezogen als unsere deutschen Kinder. Wenn ich morgens meinen Sohn zur Schule fahren muss, stehen an den Kreuzungen vor der Schule die sogenannten “School Patrols”. Es sind ältere Schüler, die den Laufverkehr vor den Zebrastreifen regulieren. Mütze? Schal? Handschuhe? Nicht mal die Hälfte ist für meinen Geschmack warm genug angezogen.

Kind im Schnee
Roter Engel im Schnee – Deutsche Kinder werden richtig im Winter angezogen

Unterschied # 15: Warmduscher?
Meine fast 4-jährige Tochter geht in einer amerikanischen Kindertagesstätte. Mein 5-Jähriger geht in einer amerikanischen Grundschule. Seit Januar gibt es keine Pause im Freien. Zu kalt. Kalt wird hier mit 5°C definiert. Oh, mein Gott, die armen Kinder, die könnten sich mal erkälten. Na klar, siehe auch # 13. Schon mal davon gehört? Es gibt kein schlechtes Wetter, sondern nur die falschen Klamotten.

Unterschied # 16: wenn es schneit, dann überall
Alles in den USA ist größer als in Deutschland. So ist es mit Schnee auch. Das Gebiet, wo der Schnee fällt, ist fast immer viel größer als in Deutschland. Es kann mal von Hamburg bis Berlin schneien, aber nicht in München. Wenn es in D.C. schneit, dann bis Boston und kanadischer Grenze. Das Gebiet ist dann zwei mal so groß wie Deutschland.

Unterschied # 17: Jogging beim Schnee
Die Washingtonians sind einerseits totale Memme, sobald es schneit. Anderseits sind sie absolut Hardcore was Sport angeht. Joggen bei arktischen Temperaturen? Beim Schnee? Ich habe schon alles gesehen: Junge, Alte, Männer, Frauen, sie laufen einfach weiter und tragen nur eine Lage Klamotten mehr. Oder sogar eine Mütze!

Unterschied # 18: Räumfahrzeuge auch in kleinen Straße
Räumfahrzeuge kommen auch in unserer kleinen Straße, eine Sackgasse. Das ist super und nicht zu vergleichen mit einer Seitenstraße in Frankfurt. Sie kommen nicht gleich, es kann auch mal einen Tag dauern aber wenn sie mit den Hauptstraßen durch sind, dann hören wir und sehen wir sie. Rotierendes, oranges Licht, Dauer Hupton, willkommen sei du, Schneepflug!

Unterschied # 19: Media informieren gut
Die Informationen rund um den öffentlichen Verkehrsmittel sind bei schlechtem Wetter viel besser hier als in Frankfurt. Websites, Real-Time App, Twitter oder sogar Mails geben zuverlässige Informationen. Meistens fahren die Busse weiter, mit großer Verspätung oder weniger Frequenz. Aber man weiß, wann der nächste Bus kommt!

Sonnenschein nach dem Sturm
Immer strahlendes Wetter nach dem Sturm.

 

Unterschied # 20: Wunderschönes Wetter nach dem Sturm
Ein Unterschied, auf den ich nicht mehr verzichten möchte: es sieht einfach nach dem Schnee hier genau so wie in einem Disney Film aus. Wunderschön klar, sauber, fein. In Deutschland ist alles so schnell matschig grau.

Eine Chance für deutsche Hersteller

In den USA könnten Häuser südlich von New York besser isoliert werden, anders geheizt. Fenster haben keine Rolläden, die von der Kälte schützen. Straßen könnten mit einem Sandgemisch gestreut werden. Autos brauchen Winterreifen und Fahrer Fahrtraining bei Schnee (ok, generell brauchen sie Fahrtraining, nicht nur im Winter). Und es wird auch Zeit, dass Washingtonians mit festen, dichten, warmen Winterschuhen vertraut werden.

Stellen wir uns einfach vor, wie Mike oder John aus einem deutschen SUV in deutschen Hightech-Schuhen sich den Weg nach Hause frei schaufelt. Dann öffnet er die Haustür, kommt in einem wohl temperierten Haus, lässt deutschen, elektrischen Rollläden runter (elektrisch ist ein Muss!) und trinkt eine eiskalte Coca-Cola mit Eiswürfel vor dem Kamin. Dagegen hätte er ganz bestimmt nichts einzuwenden!

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5 Comments

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  1. says: Ute

    … der Text ist toll. Ich habe mit meiner Familie vor vielen Jahren (in Obama’s erstem Winter in D.C.) gelebt und über genau die gleichen Dinge gestaunt. Wunderbar! Für mich wurde dann auch klar, warum es bei Lands End zehn Seiten mit Bademänteln aus Fleece, Schlafanzügen aus Fleece, Hausschuhen aus Fleece gibt: Weil es bei einem durchschnittlichen Amerikaner zu Hause einfach schweinekalt ist.
    Sinnvoll wären meiner Meinung nach auch noch Ohrstöpsel (mit Fleece natürlich), denn mich hat die Lautstärke der Air Condition echt fertig gemacht.

    Ich wünsche weiterhin eine tolle Zeit, um die Sonnenstunden beneide ich Dich. Das ist definitiv eine wahnsinnig schöne Sache, das es in D.C. beinahe niemals matschgrauen Himmel gibt. Alles, alles liebe für Dich und Deine Familie.

    1. says: Catherine

      Danke Ute! Das mit der Heizung hätte in der Tat #21 werden können. Wir leben in einem Splithouse: unten ist es eiskalt, oben ok. Oder du drehst die Heizung auf und musst oben die Fenster aufmachen.

  2. says: Nathalie

    Wirklich sehr passend beschrieben 🙂
    In Deutschland haben alle den Kopf geschüttelt, als ich erzählt habe, was hier in D.C. los ist, sobald es schneit. Aber die Snow Days fanden alle super 😉

    1. says: Catherine

      Mal schauen, ob am 1. Frühlingstag wieder Schnee und Glatteis-Chaos herrscht? Es wäre Zeit, in Infrastruktur zu investieren. Die Schlaglöcher sind unzumutbar! So was hatte ich bisher nur in Guatemala vor 20 Jahren erlebt.

  3. says: Evelyne

    Danke, Catherine! Sehr toll geschrieben! Habe mir deinen Artikel soeben bei einer Hot-Chocolate mit whipped cream zu Gemüte geführt :).